Ein Hoch aufs Harmonika-Orchester
Wenn der Präsident des Deutschen Harmonikaverbandes und der Komponist eines der aufgeführten Werke anwesend sind, dann muss Außergewöhnliches anstehen. So wie beim Jubiläumskonzert zum Achtzigsten des Harmonika-Orchesters Endersbach in der Jahnhalle.
Seit 40 Jahren steht Edmund Holzwarth am Dirigentenpult des Harmonika-Orchesters. Dafür wurde er von DHV-Präsident Jochen Haußmann geehrt. Aber erst nachdem er seine Musiker gefordert hatte — mit ganz unterschiedlichen Werken. Moszkowskis Spanischer Tanz Nummer 5 und die Simple Symphony von Benjamin Britten sind Bearbeitungen von Klavier- respektive Streichmusik und entsprechend diffizil mit dem Akkordeon umzusetzen. Nach anfänglichen kleinen Unsicherheiten wurden die Schwierigkeiten jedoch gemeistert.
Wohler fühlten sich die Spieler bei den Originalkompositionen: Transylvania entführt in die Rhythmik des Balkans, die sich zum virtuosen Finale steigert. Und Altmeister Rudolf Würthner beschreibt mit der Münchner Rhapsodie die Stadt, vom Erwachen am Morgen bis zum pulsierenden Nachtleben in Schwabing. Albrecht Rühle führte informativ und zuweilen auch launig durch das Programm: mit vollem Maßkrug bei der Münchner Rhapsodie. Einzige Ausnahme: Der bekannte Komponist Adolf Götz erklärte sein Werk „Goldene Zeiten” selbst. Träumen vom Ruhestand, die Nähe von Freud und Leid und Lebensfreude durch Musizieren. Mit dem Besuch in Endersbach löste Götz ein Versprechen ein, das er bei der Uraufführung des Werkes im vergangenen Jahr gegeben hatte: „Wenn jemand das Stück aufführt und mir Bescheid gibt, dann komme ich.” Gesagt, getan. Bei der gelungenen Umsetzung richtete sich Dirigentin Angela Hausenbiegl nach seinem Vorbild: „Ab 50 Jahren kann man im Projektorchester 50+ mitspielen.” Nach oben keine Grenze. Den Stamm bildeten die Fidelen Oldies, die zuvor Rusticanella und den Csardas von Hans Hauswirth schwungvoll dargeboten hatten. Die Tastenflitzer begaben sich unter Leitung von Angela Hausenbiegl musikalisch und szenisch auf Entdeckungsreise. In der „Villa Timecode” ist Musik von Bach und Elvis Presley genauso zu hören wie Klänge einer Gruppe von Neandertalern (der ersten Boygroup). Es gab langanhaltenden Beifall für die jungen Musiker, die Darsteller Katja, Lina und Felix und den auf einem überdimensionalen Stuhl thronenden Erzähler Valentino.
Den Verein als verbindendes Element zwischen den Generationen zeigten die Endersbacher am Schluss. Alle Beteiligten waren auf der Bühne, zum letzten Mal hob Edmund Holzwarth den Taktstock. „Time to say goodbye”. Es ist aber nur ein Abschied auf Zeit — bis zum nächsten Konzert.
Quelle: WKZ vom 22.10.2014