50 Jahre Akkordeon-Spielring e.V. Remshalden-Geradstetten
Auch rhythmisch sehr gut aufgestellt
Der Akkordeon-Spielring Geradstetten feiert 50-Jähriges — und das Jubiläumskonzert in der Wilhelm-Enßle-Halle bündelt all die Vorzüge, die sich der Verein in dieser Zeit angeeignet hat: gute Arbeit bei den Jugendensembles, rhythmische Präzision, unterhaltsame Art der Präsentation. Nur hätte die Halle etwas voller sein dürfen.
Der Jubiläumssekt des Akkordeon-Spielrings schmeckt manchem etwas zu lieblich. Vor allem Männern. Frauen indes empfinden ihn meist als Volltreffer. Vielleicht ist es mit der Musik des Jubiläumskonzertes in der Enßle-Halle ähnlich. Einige Stücke im Programm mögen manchem zu lieblich, zu selig süß, zu harmonika-harmonisch sein. „One moment in time” etwa vom Jugendensemble, melodietrunkenes Wiegen auf Biegen und Brechen, Schwelgen in romantischem Gefühl; oder „McArthur Park” vom Orchester zum Finale, eine Weise zum Wehmütigwerden, mit Träne im Knopfloch, wie Helge Schneider sagen würde.
Aber es wird ebenso viele geben, die auf all das stehen oder anderes Schätzenswertes finden. Etwa dass der Akkordeonspielring in all seinen Ensembles, auch in diesem Konzert, im rhythmischen Bereich sehr gut aufgestellt ist. Weil er seit langem diese beiden Taktgeber-Urgesteine hinter sich hat, Ex-Dirigent Herbert Heck und seinen Schlagzeugschüler Siegbert May, die bei allen vier Ensembles den Rhythmus angeben. Und auch „McArthur Park” zum Konzertfinale zieht ja irgendwann an, beginnt zu rocken, rhythmisch präzise mit Druck und Dampf.
Apropos Dampf: Den Kunstnebel-Beschuss zu Anfang des zweiten Teiles oder zu Abbas „Waterloo” könnten sich das Doppelquartett und das Jugendensemble sparen, ein Effekt, der sonst vielleicht über spielerische Unzulänglichkeiten hinwegtäuschen könnte, da aber nicht nötig ist. Weil das Doppelquartett, dessen Existenz auch schon 35 Jahre währt, erneut musikalisch alles richtig macht, mit Leiter Jörg Lederer an den Keyboards. Großartig gelingt ein wunderbar wiegender .,Walzer Nr. 2″ von Schostakowitsch, perfekt und komplett mit Wechseln im Tempo und somit akkurater Agogik. Im Marsch „Stars and stripes forever” wird automatisch mitgeklatscht.
Woher die Präzision kommt, deutet das Schülerorchester an
Das Publikum reagiert, schnippt mit den Fingern, besonders wohl beim 1.Orchester im Arrangement eines „Cabaret”-Filmmusik-Medleys oder im Billy-Joel-Medley (Doppelquartett), ebenfalls arrangiert von Harmonika-Größe Hans-Günther Kölz aus Hohenacker: Dieser prägt den zweiten Konzertteil. Auch seine Originalkomposition „Impressions” steht auf dem Programm, ein zunächst sehr gefällig melodiöses, dann rhythmisch immer raffinierteres Stück Akkordeonartistik, künstlerischer Höhepunkt neben einer weiteren Originalkomposition. Gerhard Mohrs konzertantem „Florentinischen Konzert” mit neobarocken Anklängen. Woher die Präzision kommt, deutet ein Programmpunkt des Schülerorchesters an: ‚.Stomp”. koordiniertes Klappern mit Alltagsgegenständen (Papier. Besenstiel. Plastikeimer), das zeigt, „dass wir in der Jugendarbeit immer was ausprobieren”, sagt Axel Hamm. Schade. dass dem Spielring nur etwa 200 Zuschauer gegönnt waren. Vielleicht der Grund. warum die Reaktionen auf die Musik diesmal nicht ganz so euphorisch ausfielen.
Quelle: WKZ vom 26.03.2012