Als die Musik­stun­de noch
0,50 Reichs­mark kos­te­te…

Die Geburts­stun­de des Hand­har­mo­ni­ka-Clubs „Bar­ba­ros­sa” war im Okto­ber des Jah­res 1935, als im Gast­haus „Zum Gol­de­nen Och­sen” am Fuße des Hohen­stau­fen 14 musik­be­geis­ter­te jun­ge Leu­te den Ver­ein grün­de­ten und fol­gen­den Leit­spruch aus­wähl­ten: „Wer musi­ziert hat mehr vom Leben”.

Die­sem Mot­to ist der Ver­ein bis heu­te treu geblie­ben und hat sein 75-jäh­ri­ges Jubi­lä­um mit einem musi­ka­li­schen Fest­wo­chen­en­de began­gen. Den Höhe­punkt bil­de­te das Kon­zert, wel­ches vom 1. Orches­ter mit der aus dem Jahr der Ver­eins­grün­dung stam­men­den Oper „Por­gy and Bess” von Geor­ge Gershwin fei­er­lich eröff­net wur­de. Gruß­wor­te im Namen des HHC „ Bar­ba­ros­sa” Hohen­stau­fen sprach des­sen 1. Vor­sit­zen­der Wolf­gang Fuchs, ehe er Glück­wün­sche und Geschen­ke der Stadt Göp­pin­gen und der ört­li­chen Ver­ei­ne ent­ge­gen neh­men durf­te. Der Ver­ein freu­te sich dar­über hin­aus über die Gra­tu­la­ti­on von Georg Penz, Ehren­vor­sit­zen­der des Deut­schen Har­mo­ni­ka-Ver­ban­des. Freu­en durf­te sich auch Rai­ner Fink, der im Rah­men des Fest­abends für sei­ne 50-jäh­ri­ge akti­ve Mit­glied­schaft durch den Bezirks­vor­sit­zen­den Erhard Schwenk geehrt wur­de.

Nach dem gelun­ge­nen Auf­tritt der Schü­ler­grup­pe prä­sen­tier­te das 1. Orches­ter unter der Lei­tung von Mar­kus Not­hardt die „Unga­ri­schen Tän­ze Nr. 5 und 6″ von Johan­nes Brahms, die „Klei­ne unga­ri­sche Rhap­so­die” von Alfred Bösen­dor­fer sowie den von Chuck Man­gio­ne kom­po­nier­ten Sam­ba „Child­ren of San­chez”. Star­gast des Jubi­lä­ums­abends war der zwei­fa­che Welt­meis­ter auf der Stei­ri­schen Har­mo­ni­ka und mehr­fa­che Deut­sche Akkor­de­on­meis­ter Micha­el Ret­tig. Äußerst vir­tu­os, mit einem außer­ge­wöhn­li­chen Rhyth­mus­ge­fühl und unglaub­li­cher Fin­ger­fer­tig­keit begeis­ter­te der erst 20-Jäh­ri­ge sein Publi­kum. Erst nach meh­re­ren Zuga­ben ließ ihn das Publi­kum von der Büh­ne gehen.

Die Fei­er­lich­kei­ten setz­ten sich am nächs­ten Mor­gen fort, als das Orches­ter den Got­tes­dienst in der katho­li­schen Kir­che St. Sebas­ti­an Otten­bach musi­ka­lisch umrahm­te. Die Rol­le der Musik im Leben war an die­sem Tag sogar The­ma der Pre­digt. Im Anschluss an den Got­tes­dienst lud der Ver­ein zu einem Mit­tag­essen im Gemein­de­saal ein. Wäh­rend ein Teil der Spie­le­rin­nen und Spie­ler sich um das leib­li­che Wohl der Gäs­te küm­mer­te, sorg­te das 2005 gegrün­de­te „ver­eins­ei­ge­ne” Ensem­ble „Blue Notes” in der Beset­zung Akkor­de­on, Pia­no, Saxo­phon, Schlag­zeug und Bass für einen bes­wing­ten Ohren­schmaus.

Bereits im April hat­te ein ver­eins­in­ter­ner Jubi­lä­ums­tag für Mit­glie­der, Ver­wand­te, Freun­de und Ehe­ma­li­ge statt­ge­fun­den. Musi­ka­lisch umrahmt von einer eigens aus die­sem Anlass gegrün­de­ten Band, in der auch ehe­ma­li­ge Diri­gen­ten mit­wirk­ten, wur­den für die Gäs­te in einem Vor­trag mit Bil­dern Erin­ne­run­gen aus den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten leben­dig. Heu­te, 75 Jah­re nach der Grün­dung, zählt der Ver­ein 54 Mit­glie­der. Rund 20 davon sind im Orches­ter aktiv und tref­fen sich jeden Mitt­woch zur Pro­be in Hohen­stau­fen. Vie­les hat sich in den zurück­lie­gen­den Jahr­zehn­ten geän­dert (so kos­te­te zum Bei­spiel in den Grün­dungs­jah­ren eine Musik­stun­de 0.50 Reichs­mark). Das Reper­toire umfasst längst nicht mehr nur volks­tüm­li­che Stü­cke wie in den Anfangs­zei­ten. Doch „Wer musi­ziert hat mehr vom Leben” ‑die­se Erkennt­nis ist über 75 Jah­re hin­weg die­sel­be geblie­ben.

Quel­le: HI 1/2011, Anja Kus­ter­mann